Filmvermittlung auf DVD

Zu Christiane Habich

Von Michel Freerix

Christiane Habich gehört einer Generation an, die nicht mit dem Fernsehen, sondern noch mit dem Kino aufgewachsen ist. In den 50ern geboren, machen die Winnetou-Filme ihre Kino-Frühsozialisation aus: Der Andrang am Kronberger Lichtspiel-Theater war damals so groß, dass die »gläserne Eingangstür des Kinos eingedrückt wurde.« Das hat nachhaltig geprägt - bis heute vertritt Habich konsequent eine Haltung, wonach das Kino der ideale Ort ist, an dem der Zuschauer einem Film begegnen sollte.

Als Teenager entdeckt sie, nun bereits im Fernsehen, die Filme von Luis Bunuel. Besonders Viridiana hat sie gepackt. »Damals gab es noch richtige Regisseur-Retrospektiven im Fernsehen! So was ist heute ja unvorstellbar!«

Parallel die Beschäftigung mit Musik, speziell mit Rockmusik: mit 14 ein Jimi-Hendrix-Konzert in Frankfurt – ein Ohren- und Augenöffner.

Später studiert Habich in Frankfurt Soziologie und arbeitet an der Kasse des Kommunalen Kinos. »Dort wurden regelmäßig Stummfilme gezeigt: Murnau, Lang, Asta Nielsen, Eisenstein, Dowshenko...«; eine Retrospektive mit Filmen von Erich von Stroheim, am Klavier begleitet von Arthur Kleiner, »und eine Retrospektive von schwedischen Filmen, wo ich zum ersten Mal die wunderbaren Filme von Victor Sjöström gesehen habe.«

Das 'Deutsche Filmmuseum`:person: in Frankfurt wird nach Abschluss ihres Studiums auch zu Habichs erstem Arbeitgeber. Sie ist dort für Ausstellungen und Kataloge zuständig. Ende der 80er Jahre geht sie nach Berlin, zum Verleih der Stiftung Deutsche Kinemathek, um anschließend in die Leitung des Arsenal-Kinos zu wechseln. In Berlin kann Habich ihre Kenntnis der Filmgeschichte vertiefen. Gleichzeitig setzt sie sich hier mit den neuen Produktionen aus aller Welt auseinander.

In den 90ern geht Habich nach München und heuert schließlich bei Kinowelt an. Hier kann sie beides zusammenbringen: Ihre Aufmerksamkeit für außergewöhnliches Gegenwartskino und ihre Begeisterung für Filmgeschichte. Sie lobt ausdrücklich die Filmliebhaberei der Gebrüder Kölmel, »denen es zu verdanken ist, dass Kinowelt so eine tolle Library an Klassikern und deutschen Filmen hat.« Mit Leidenschaft und persönlichem Einsatz betreut sie die DVD-Edition von Kinowelt/Arthaus mit. So erscheinen bei Kinowelt zum Beispiel komplette Werkkataloge von Werner Herzog oder Ingmar Bergman auf DVD. Damit wird für deren anhaltende Sichtbarkeit gesorgt, was keineswegs selbstverständlich ist. Denn obwohl diese Filmemacher scheinbar einen unantastbaren Platz im filmgeschichtlichen Diskurs innehaben, sind ihre Filme kaum noch im Fernsehen und erst recht nicht im aktuellen Kinoprogramm zu sehen. Vor allem junge Menschen bekommen die Chance auf eine Erstbegegnung mit der Filmgeschichte meist nur noch in digitalisierter Form – weshalb eine optimale Präsentation solcher Filme auf DVD Habich und ihren engagierten Kollegen ein besonderes Anliegen ist. Dabei wird ein besonders großer Wert auf eine akurate Untertitelung und auf ein sorgfältig zusammengestelltes und anspruchsvolles Bonusprogramm gelegt. Systematisch sucht Habich nach interessanten Materialien, die Wesen und Merkmale filmischer Werke und ihrer Autoren beleuchten. Bei frühen Filmen ist ihr die Sicht von Zeitgenossen sehr wichtig.

Keinen Platz im Katalog von Kinowelt finden – bisher... – die beiden bevorzugten Regisseure Habichs: Da ist zum einen » David Wark Griffith, dessen Filme The Birth of a Nation und Way Down East für mich in ihrer Qualität vergleichbar mit Tolstois Romanen ›Krieg und Frieden‹ und ›Anna Karenina‹ sind.« Zum anderen ist da das Werk von Klaus Wyborny, »einem Regisseur, den ich ganz besonders schätze und der nicht so gewürdigt wird, wie er es verdient hätte. Sein Pictures of the Lost Word ist ein traumhaft schöner Film, den ich immer wieder sehen möchte.«

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