Filmvermittlung und Bildforschung: Harun Farocki

Harun Farockis »Filmtip« zu »Tee im Harem des Archimedes«

Farockis Filmtip zu Tee im Harem des Archimedes von Mehdi Charef setzt vor allem auf die Methode der Beschreibung. Präzise und knapp, zu Beginn kaum interpretatorisch über das hinausgehend, was in Charefs Banlieue-Film zu sehen ist, benennt Farocki, was die Personen tun und wie sie sind. Besonders ausführlich (ohne Kommentar und ohne Unterbrechung des Zusammenhangs) wird gezeigt, wie die beiden jugendlichen Protagonisten einem Mann in der Métro das Portemonnaie stehlen; eine Szene, die voraus weist auf Der Ausdruck der Hände (1997) und die dort gezeigten Taschendiebstähle aus Pickpocket oder Pickup on South Street. Der Verdacht fällt auf den südländisch aussehenden Jungen, und aus diesem Kalkül heraus hat der andere die Geldbörse gestohlen. »Patrick und Madjib, sie schlagen ein kleines Kapital aus dem Rassismus. Der Algerier wird durchsucht und der Franzose hat die Brieftasche.«

In der zweiten Hälfte der Sendung einige Gedanken zur Dramaturgie des Films und darüber, wie er ohne konventionelle Plotkonstruktionen einen Zusammenhang herstellt. Farocki kommt auf eine eingangs gezeigte Szene zurück. Eine Frau stellt einen Mülleimer an die Straße, einer der Jungen trägt ihn später im Film, geleert, wieder hinein. Der Mülleimer steht jeweils für etwas anderes: Am Anfang für die feindliche Betriebsamkeit des Morgens, dann für das freundschaftliche Verhältnis des Jungen zur Wirtin. »Und wir bekommen damit gesagt und wir verstehen, dass alles, was in diesem Film geschieht, in einem Zusammenhang steht und einen Platz hat.«