Filmvermittlung und Bildforschung: Harun Farocki

»Die Arbeit mit Bildern« (1974)

Ein Film von Harun Farockis, gesendet in der von Angelika Wittlich redaktionell betreuten WDR-Reihe »telekritik«. Der Film kritisiert die Form »Feature«. Protokolliert sind hier Ausschnitte vom Anfang des Films. Einen Text, den Farocki nach der Ausstrahlung eines vorherigen Films zum »Feature«, zu Der Ärger mit den Bildern 1973 in der Frankfurter Rundschau veröffentlichte, »Drückebergerei vor der Wirklichkeit«, kann man hier lesen.

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Farocki: »Ich will zeigen, dass die meisten Features so sind, dass einem die Lust und das Interesse an der wirklichen Welt vergeht.«

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Farocki: »Meine Kritik beginnt damit, dass jedes Feature vollgestopft ist mit Worten, Bildern, Aussagen und Schauplätzen. Diese Häufung von einzelnen Informationen in Bild und Ton macht die einzelnen Informationen unüberprüfbar und entwertet sie.«

Farocki: »Untersuchen wir das an einem Beispiel, an einem Feature über Fragen der Sanierung von Städten. Ich zeige ihnen 2 Minuten 17 Sekunden daraus und zähle im Untertitel die einzelnen Schauplätze auf.« [1]

[1]Der Text, der zu diesen folgenden Bildern zu hören ist, geht so: »Wir erleben es täglich: Unsere Städte, ob klein oder groß, stehen vor dem Bankrott. Heutigen und künftigen Anforderungen werden sie immer weniger gerecht, können es nicht, weil sie nicht darauf vorbereitet, dafür eingerichtet wurden. Versäumnisse schlagen zu Buch, Entwicklungen, die falsch eingeschätzt worden sind. Und das sind städtische Krankheitsherde. Ruinierter Lebensraum, verschmutzte Luft, verseuchtes Wasser, Lärm, Abfall. Steigende Boden- und Mietpreise, morgens und abends verstopfte Straßen, unzureichende Gemeinschaftseinrichtungen, kaum Platz für Kinder, alte Leute. Zurückgebliebene Wohnungen, lichtlose Räume – unzulänglich, unhygienisch. Anbauten, triste Hinterhöfe, unrentabler Baubestand – und deshalb zur Spitzhacke verdammt. Und dies alles nicht nur in unseren Städten. In ländlichen Regionen ähnliche Symptome. Missstände auch auf dem Lande. Manche Teile darben, viele Dörfer, Häuser und Höfe befinden sich in schlechtem Zustand. Menschen wandern ab. Wenn nicht bald gehandelt wird, werden die Zustände nur noch schlimmer, fallen selbst unseren Kindern auf. Zugegeben: In der großen Wohnungsknappheit der ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte wurde auf ausgewogene städtebauliche Maßnahmen weniger Wert gelegt. Der Bau neuer Wohnungen für Ausgebombte und Heimatvertriebene, für Kriegsgeschädigte aller Art, war zunächst wichtiger. Oft wurde wahllos ins Grüne gebaut – monoton, steril, wo gerade Platz war. Heute, da die baulichen und planerischen Missstände immer offenkundlicher werden, müssen wir erneuern, entwickeln.«
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Farocki: »In diesem Beispiel, das 2 Minuten 17 Sekunden lang ist, gibt es 13 Schauplätze. Der Kommentar macht 25 Aussagen. Warum soviele Bilder, Worte, Aussagen und Schauplätze?«

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