Filmvermittlung und Bildforschung: Harun Farocki

Telekritik: Über »Song of Ceylon« von Basil Wright

Harun Farocki, zu Beginn des Films, aus dem Off: »Wir besichtigen hier Filme, um etwas für das Fernsehen heute zu lernen. Für das Fernsehen sehen, und für das Fernsehen machen. Wir machen ein paar filmische Verfahren bewusst und wir überlegen, was aus ein paar filmischen Verfahren folgt.«

Es gibt zwei Vorläufer von Telekritik: Über »Song of Ceylon« von Basil Wright (1975): Der Ärger mit den Bildern (1973) und Die Arbeit mit Bildern (1974). 1973 und 1974 behandelten sie die zeitgenössische Form des Fernsehfeature. Wie das Feature ist, macht es nicht neugierig auf die Wirklichkeit, sagen diese beiden Filme. Das Feature verwalte die Wirklichkeit stattdessen in Clichés und filmischen und sprachlichen Floskeln.

Der Film über Song of Ceylon (1934) von Basil Wright geht 1975 zurück in die Filmgeschichte, um aus ihr Modelle für eine andere Wirklichkeitsabbildung abzuleiten.

Es gibt Ausschnitte aus dem Film von Basil Wright zu sehen. Und es gibt zwischen den Ausschnitten einen Text aus dem Off zu hören. An keiner Stelle spricht der Kommentar über die Bilder des Films, der Kommentartext ist vor oder nach den Ausschnitten aus dem Film zu hören.

Wenn der Kommentartext zu hören ist, sieht man nicht den Schwarzweißfilm von Basil Wright, sondern Zwischentitel auf Papier und farbige Zeichnungen, die Farocki angefertigt hat. Diese Zeichnungen sind Skizzen, die Motive aus den Bildern von Wrights Film umreißen. Es sind auch Schematisierungen, die etwas von dem, was zuvor zu sehen war oder etwas von dem, was nach ihnen zu sehen sein wird, einprägsam darstellen. Hervorhebungen, Unterstreichungen. Um einen Eindruck von diesem Verfahren zu bekommen, folgt hier eine transkribierte Sequenz des Films: Zwischentitel, Kommentartext, Zeichnungen, Ausschnitte aus Song of Ceylon.

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»Der Film Song of Ceylon ist in Kapitel gegliedert. Die Gliederung besagt: Wir geben hier nicht eine Darstellung des Ganzen, wir sprechen über zwei, drei Dinge, die wir wissen.»

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»Was man sich schon merken kann für die Arbeit heute: Statt einer flüchtigen Ansicht des Ganzen, lieber ein paar Einzelheiten genau. Und: Wenn man ein paar Einzelheiten genau zeigt, vielleicht ergibt sich dann eine Vorstellung vom Ganzen. Auch ich werde nur ein paar Einzelheiten zu dem Film Song of Ceylon beibringen.«

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»Diese Zahlen bezeichnen auch die Strophen des Liedes, das dieser Film ist. Eine Musik aus Bildern. Diese Musik ist aus sehr verschiedenartigen Bildern zusammengesetzt.»

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»Zu Anfang, als erzählt wird von der alten Religion, gibt es Bilder wie aus einem Studio oder Gewächshaus, in Überblendungen zu etwas Künstlichem zusammengesetzt.«

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»Einen ganz anderen Charakter haben die Bilder, die die gegenwärtige, die buddhistische Religion beschreiben. Bei diesen Bildern ist der wirkliche Vorgang, aus dem sie genommen sind, noch zu sehen.«

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