Die Kritik ist die Kunst zu lieben. Sie ist die Frucht einer Leidenschaft, die sich nicht selbst verzehrt, sondern die Kontrolle einer wachen Luzidität anstrebt. Sie besteht in der unermüdlichen Suche nach Harmonie zwischen den Gegensätzen Leidenschaft und Luzidität. Sobald einer der beiden Begriffe überhandnimmt, verliert die Kritik einen Großteil ihres Wertes. Sie muß über beide Antriebskräfte verfügen. In ihr Aufgabengebiet fällt natürlich nicht, den Leser mit den Banalitäten zu unterhalten, die in den lllustrierten verbreitet werden. Dort wird Kritik nur als Name benutzt, der Begriff degradiert. Das schadet ihrer Funktion und wertet diejenigen ab, die sie praktizieren. Es scheint mir unqualifiziert, das Kino (und wir sprechen hier von dieser Kunst) nur als Gesprächsstoff zu behandeln: das heißt, das Kino ausschließlich als Angelegenheit von persönlichem Interesse zu betrachten (als Broterwerb oder als Gelegenheit, sich einen Namen und/oder eine Karriere zu machen, als Möglichkeit, ein Szenario oder gleich sich selbst zu verkaufen) oder es dafür auszunutzen, einen ideologischen, politischen, religiösen Kampf auszutragen, der dem Kino selbst fremd ist. Kurzum, zum Schaden des Kinos sich selbst oder eine Sache aufzublasen, und sei sie noch so edel, verrät eine grundlegende intellektuelle Unredlichkeit. Die Kunst verlangt von der Kritik, daß sie ihr dient, und nicht, daß sie sich ihrer bedient.

Aber die Kunst hat ein vitales Bedüfnis nach Kritik. Sie kann ohne Kritik nicht existieren. Und das aus zweierlei Gründen: Ein Kunstwerk stirbt, wenn nicht durch die Vermittlung der Kritik ein Kontakt zwischen zwei Sensibilitäten ausgelöst wird – der des Künstlers, der das Kunstwerk konzipiert hat, und der des Liebhabers/Amateurs, der es sieht. Ein Werk tief zu empfinden und diese Begeisterung mitzuteilen stellt allein schon einen Akt der Kritik dar, auch wenn es nur mündlich geschieht. Ein einziger Amateur/Liebhaber genügt, um ignorierten Kunstwerken und vergessenen Künstlern ihren wahren Wert zurückzugeben. Tatsächlich besagt die Tatsache, daß ein Kunstwerk materiell existiert, zunächst noch überhaupt nichts. Was hat uns im Westen bis 1952 das Werk von Mizoguchi bedeutet, dem vielleicht größten aller Filmemacher? Nichts oder nicht mehr als ein Stapel Filmdosen, die in den japanischen Studios ähnlich vergessen waren wie Angkor Wat im Dschungel. Nur dem Zufall ist es zu verdanken, daß sie erhalten geblieben sind, so wie Pompeji, die Venus von Milo oder die Musik Vivaldis. Die Launen des Zufalls hätten diese Werke ebensogut für immer zerstören können. Was wäre heute von ihnen übrig? Keine auch noch so vage Erinnerung; noch nicht einmal eine Vorstellung. Es geht einzig um die Resonanz, die die Werke, also die Kunst, im Bewußtsein der Menschen auslösen. In diesem Bewußtsein und durch dieses Bewußtsein bleiben sie am Leben.

Der beste Beweis dafür ist, daß Werke, die im Zentrum der Öffentlichkeit stehen und sogar am lautesten angepriesen werden, trotzdem oft so unbekannt sind wie Kunstwerke, die unter der Erde vergraben oder im hintersten Winkel eines Dachbodens versteckt sind. Wenn nicht eine einzelne Sensibilität im Innersten getroffen wird, wenn diese Sensibilität nicht zum Lebenskern, der in der Form enthalten ist, vordringt und anderen hilft, diese Empfindungen zu teilen, kann das Werk einem noch so großen Publikum gezeigt werden, es wird sich wie eine Fata Morgana in nichts auflösen. Die kurze Geschichte des Kinos quillt über von Filmbeispielen, die Millionen Menschen gesehen haben und die doch völlig unbekannt sind. So muß man jetzt Murnau, Keaton, Lang (in seiner zweiten Periode), Hitchcock, Walsh, Hawks, Losey etc. wieder an die Oberfläche holen. Auf der anderen Seite versinken Clair, Feyder, Pudowkin etc. mitsamt ihrem falschen Ruhm immer mehr im Sumpf des verdienten ästhetischen Vergessens. So gesehen – übrigens ist diese Sehweise die einzig richtige – wird Kritik synonym mit Erfindung, und zwar Erfindung im Wortsinn und in der Bedeutung von Auffinden. Die wahre Kritik findet ein Werk, so wie man einen kostbaren Schatz auffindet, hebt, sie erfaßt seine Bedeutung und stärkt und verlängert seine Vitalität. Sie legt durch unermüdliches Infragestellen den Wert der Künstler und der Kunst frei. Sie gehört notwendig zum Bereich des schöpferischen Arbeitens, und selbst zur Kunst geworden, wird sie kreativ.

[1]Ich ziehe den Begiff Amateur (will heißen: derjenige, der liebt) dem des Kritikers vor. Weil der etablierte Kritiker leider nicht unbedingt auch Amateur sein muß, während der Amateur, selbst wenn er sich nicht gut ausdrücken kann, allein durch seine Entscheidung für ein Werk eine kritische Haltung zeigt. Außer wenn seine Leidenschaft zu exklusiv wird, und seine Luzidität vernichtet. Aber dann hat er sowieso aufgehört, ein wirklicher Amateur zu sein, und, ist zum Sonderling geworden, das heißt zum Kranken.

Denn, und ich komme zur zweiten Eigenschaft, die die Kritik für die Kunst unentbehrlich macht: Die Kritik befindet sich selbst am Ausgangspunkt der künstlerischen Arbeit. »Jede Kunst muß etwas kritisieren«, hat Fritz Lang gesagt. Das heißt, daß der Künstler der Welt so gegenübersteht wie der Liebhaber/Amateur dem Werk, mit dem er sich befaßt. [1] Der Künstler nimmt die Welt als Kunstwerk wahr, egal ob sie ein Produkt der Natur oder der Menschen ist. Er kann sich auch nicht aus den verschiedenen Erklärungsmodellen dieses Werkes (der Welt) heraushalten, seien es kosmologische, philosophische oder religiöse Systeme, die den aufeinanderfolgenden Etappen der Menschheit Momente eines Bewußtseins und einer kollektiven Sensibilität übermittelt haben. Wie könnte also die Sensibilität des Künstlers, dessen raison d'être es ist, seinen Bezug zur Welt auszudrücken, und der äußere Eindrücke bis in sein tiefstes Inneres wahrnimmt; wie könnte diese künstlerische Sensibilitat eine Infragestelung der Welt oder des Ichs oder der Eindrücke von der Welt vermeiden, da doch eine Form zu entwerfen immer einen Akt des Einverständnisses oder der Verweigerung darstellt? Eine Form zu schaffen, bedeutet für den Künstler, alle Emotionen, das Bewußte und Unbewußte eines rezeptiven Subjekts (also des Selbst) auf sein Objekt (das Werk) zu übertragen. In einer dialektischen Bewegung, die eher gefühlsmäßig als überlegt vor sich geht (obwohl bei den wirklich Großen beides zusammenfällt), muß er sowohl das Subjekt in Betracht ziehen und die Empfindungen, die er vermitteln will, genauestens aussieben, das heißt, sich selbst einer Kritik unterziehen, als auch das Objekt und die Qualität der Wahrnehmung sowie deren Wiedergabe prüfen. Das ist die sensible Methode der Kenntnisnahme, die sich innerhalb der und durch die Form entscheidet.

Aber die Form gehört dem Künstler nicht, sondern ist der Kunstart zugehörig, in der der Künstler sich ausdrücken möchte. (Man hat in der Malerei nicht die gleichen künstlerischen Vorstellungen wie in der Musik, und ein großer Schriftsteller kann nicht gleichzeitig ein großer Filmemacher sein und umgekehrt.) Der Künstler liefert sich dem dynamischen Element der Form vollständig aus, um sie von innen zu beherrschen, sie »zu formen«, so daß sie schließlich zu einem sensiblen und sichtbaren Zeichen seiner singulären Künstlerexistenz werde. Dann muß er das Werk dem Strom der Kunst überlassen, aus dem es hervorgegangen ist und in dem es sich von nun an als lebendiges und einzigartiges Wesen allein und selbständig entwickeln wird. Gerade zu diesem Zeitpunkt wird die Kritik für den Künstler notwendig. Denn die Versuchung ist groß, die Form ihrer je eigenen Kunst zu entreißen und sie sich anzueignen, ohne das spezifische Eigenleben einer bestimmten Kunstart anzuerkennen. Viele Künstler erliegen dieser Versuchung zumindest an einem bestimmten Punkt ihrer Karriere, manche für immer. Diejenigen, die Schwierigkeiten mit Eisenstein, Welles oder Resnais haben, werden mich verstehen. Der Künstler muß wie ein Nebenfluß sein, der durch die Qualität seiner eigenen Quelle den Hauptstrom, in den er freiwillig einmündet, um selbst besser weiterzuleben, bereichert und verändert. Er muß der megalomanen Versuchung widerstehen, die Wasser des Flusses zu stauen, um eine großartige Wasserfläche zu bilden, in der er sich spiegeln kann, die aber nur sein eigenes hochmütiges und einsames Bild wiedergibt. Auch die augenfällige Großartigkeit eines solchen Werkes kann nicht verbergen, daß es sich um ein stehendes totes Gewässer handelt. Wie gefährlich und wie schwierig ist diese unermüdliche Suche nach dem harmonischen Gleichgewicht zwischen Leidenschaft und Luzidität, das gilt für den Künstler noch mehr als für den Kritiker.

Die Haltung des Künstlers ist implizit immer die eines Kritikers, in welchem Stadium man die künstlerische Praxis auch betrachtet. Und dabei habe ich die Momente absichtlich ausgelassen, in denen diese Haltung manifest wird. Indem er ästhetische oder andere Einflüsse, die er erfährt – zum Beispiel auch durch seine eigenen abgeschlossenen Werke –, einer ununterbrochenen strengen Prüfung unterzieht, indem er Elemente, die ihm zusagen oder nicht, akzeptiert oder ablehnt, indem er sich für diesen oder jenen Weg entscheidet, und vor allem, indem er versucht, das Essentielle seiner Kunstart, der er sich unterwirft, zu erreichen, läßt sich der Künstler auf einen Kampf ein, bei dem das Überleben seiner eigenen Sensibilität, die durch das Leben seiner Kunst gewährleistet wird, auf dem Spiel steht. Er überläßt es einer mit eigener Sensibilität ausgestatteten Spur, den Reichtum eines ganz persönlichen Bewußtseins für immer fortbestehen zu lassen.

Der Kritik gebührt es, das Besondere des Werkes zum Glänzen zu bringen. Sie muß diese Flamme am Leben erhalten. Aber wie? Indem sie dieselbe Methode anwendet, die zur Ausformung des Werkes geführt hat. Die Sensibilität des Kritikers muß sich dabei aber nicht in der gleichen Weise mit der Welt auseinandersetzen wie die des Künstlers, sonst würde wieder ein Werk entstehen, sondern sie muß sich dem Werk, von dem aus sie die Welt des Künstlers entdecken wird, stellen, ohne etwas von sich selbst aufzugeben. Der ldealfall wäre natürlich, zum sensiblen Punkt, zum Fixpunkt zurückzugehen, an dem alle äußeren Eindrucke des Künstlers zusammengekommen sind und der dem vielfältigen Aufflackern von Formen und neuen Werken einen einzigartigen Stil diktiert hat. Zu diesem Punkt kann man nur kommen, wenn man sich so strikt wie möglich auf die Form des Objekts bezieht, weil man sonst unweigerlich ins Delirium der Interpretation abgleitet. Die Kritik kann höchstens darauf hoffen, den kreativen Kern zu umkreisen. Das Zentrum ist lebendig, komplex, einzigartig und läßt sich niemals in nur einer Definition fassen. Der Kritik sollte es genügen, von diesem Kern eine möglichst exakte Vorstellung zu vermitteln. Sie sollte im Objekt nicht das offensichtliche Subjekt identifizieren, sondern das wahrhaftig kreative Subjekt, das heißt den Künstler in seiner Totalität, sofern das Objekt/Werk die Situation des Künstlers der Welt gegenüber verrät; und dann sollte die Kritik vom Subjekt zurück zum Objekt gehen, um die Notwendigkeit der Form aufzudecken, nicht nur im Hinblick auf den Künstler und seine Weltdurchdringung, sondern vor allem im Hinblick auf die Kunstart selbst. Die Kritik ist nichts anderes als der Versuch, eine Vereinigung zweier Sensibilitäten, der des Autors und der des Liebhabers/Amateurs, innerhalb des Kunstwerks und durch das Kunstwerk, innerhalb der spezifischen Kunst und durch die spezifische Kunst dieses Werkes herzustellen. Denn die Kritik bemüht sich darum, die Kunst über den individuellen Künstler hinaus zu verstehen und zu erklären. In ihrem ständigen Hin und Her, aus der ihre Annäherung an ein Werk besteht, geht es der Kritik darum, an das Genie und die Natur einer Kunstart heranzukommen. Und ihre Bewunderung oder ihre Ablehnung erklären sich in deren Namen. Sollte sie den Eindruck gewinnen, daß der Künstler der Kunstart das Überleben seiner Sensibilitat durch deformierende Effekte aufzwingt, die der Natur dieser Kunst widersprechen, sperrt sich die Sensibilität des Kritikers dagegen, und sie verwirft das Werk. Das bedeutet durchaus nicht, daß ein solches Werk nicht einer Exegese unterzogen werden kann, im Gegenteil. Über Eisenstein, Welles oder Resnais, gar nicht zu reden von den Antonionis, Bergmans oder Fellinis, sind viel mehr Seiten vollgeschrieben worden als über Walsh, Lang, Mizoguchi, Preminger oder Hawks. Und das ist völlig normal. Man muß den Weg verfolgen, das heißt, vom Objekt zum Subjekt kommen, weil das Objekt einzig als Funktion des Subjekts geschaffen wurde, als riesiger Spiegel, der nur das verzerrte Bild des Autors und seiner künstlichen »Vision« der Welt wiedergibt. Die Schwierigkeit besteht in der Rückkehr, das heißt in der Einsicht in dieses harmonische und natürliche Zusammenspiel zwischen dem Künstler, seinem Werk und seiner Kunstart.

Der entscheidende Punkt der Kritik scheint mir zu sein, aufzudecken, wie ein Künstler durch sein Werk seine Kunstart bereichert und wie dieses Werk seinerseits durch die Kunst bereichert wird. Man spürt das, aber wie schwierig ist es, das in Worte zu fassen. Auf dieser Stufe gerät die Kritik in den Bereich des Unaussprechlichen. Sie versenkt sich im Mysterium der Kunst selbst. Man kann sich nur negativ verständlich machen. Da es unmöglich ist, durch Worte auszudrücken, was Kunst in einem Werk ist, wenn es in diesem Werk wirklich Kunst gibt, muß der Kritiker anhand eines anderen Werkes zeigen, daß dort keine Kunst ist. Oder falls der Kritiker sich irrt, wird er dort Kunst entdecken, wo sie nicht ist. In diesem Sinn sind die Filme von Eisenstein, Welles und Resnais von kapitaler Bedeutung. Sie sind ein gefundenes Fressen für die Kritik, und diese versucht – egal, ob sie dafür oder dagegen ist –, anhand dieser Filme zu definieren, was das Kino eigentlich ist. Die Cinephilen, die diese Filmemacher verwerfen, schließen sich durch ihre gemeinsame Ablehnung sehr viel enger zusammen als durch ihre Vorlieben. Die gleiche Abwertung impliziert gemeinsame Werte, zumindest eine benachbarte Sensibilität und – trotz persönlicher Eigenheiten – eine ähnliche Herangehensweise an die Kunst.

Der Künstler allein beweist die Kunst durch seine schöpferische Arbeit. Der Liebhaber/Amateur und der Kritiker können von der Kunst nur die Idee fassen, indem sie intuitiv ihre Natur nachempfinden. Das mag wie eine Einschränkung klingen, die dem, was ich vorher über die kreative Kritik behauptet habe, widerspricht. So ist es aber nicht, wenn man genau hinsieht. Ich glaube, daß der Künstler vor allem und zuerst Kritiker ist, ein Kritiker, dem die Kritik gelungen ist, und ich glaube, daß Kritik, die aufs engste mit der Kunst verbunden ist, sich nur in ihm, dem Künstler, voll entfaltet. Ein historischer Überblick über die Entwicklung der Künste würde im übrigen zeigen, daß es die Künstler selber sind, die Kritik als unabhängige Funktion der Kunst artikuliert haben. Zu Beginn einer Kunstart, oder wenn eine solche wiederauflebt, verschmelzen Kritik und Kunst. Der wahre Schöpfer ist sich seiner Kunst bewußt und unterwirft sich ihr. Man könnte sogar sagen, daß ein Giotto oder ein Homer oder ein Griffith instinktiv und gleich auf Anhieb ein Verständnis von all den Möglichkeiten ihrer Kunstart gefunden haben. Wenn es darum geht, gewisse Wege, die von den Pionieren nur skizziert wurden, weiterzugehen, oder wenn neue Techniken die Konzeption der Kunst modifizieren und neue Perspektiven eröffnen, beginnt sich die Kritik vom Künstler zu lösen. In diesen Augenblicken verspürt der Künstler das Bedürfnis, seinen inneren Dialog in die Öffentlichkeit zu tragen. Die innerliche Kritik wird eine äußerliche.

Die ersten wahren Kritiker, so wie auch die ersten wahren Theoretiker, sind die Künstler selbst: das Quattrocento für die Malerei, die Pléiade für die französische Literatur, Monteverdi für die Musik. Fur die Romantik Hugo, Delacroix, Berlioz oder für die Jetztzeit Joyce, Schönberg, Le Corbusier. Jedesmal, wenn sich der Künstler einer anderen Konzeption seiner Kunstart gegenüber sieht, jedesmal, wenn beim Publikum eine neue Sensibilität herausgebildet werden muß, an die er sein Werk adressieren kann, sieht man ihn die olympischen Sphären der Schöpfung verlassen, sich in den Kampf einmischen, seine Vorlieben proklamieren und seinen Abscheu herausschreien. Und dann, wenn eine gewisse Gewöhnung an eine neue Art zu empfinden vollzogen ist, zieht sich der Künstler zurück und überläßt dem Liebhaber/Amateur die Pflege der Kritik. Und diese findet zu ihrer eigenen Berufung zurück und wird selbst Kunst, wenn sie mit Würde praktiziert wird. Die Sensibilitat des Kritikers engagiert sich vollständig in ihrem Bezug zur Welt und dem Werk gegenüber. Die Kritik verrät genausoviel, wenn nicht mehr, über ihren Autor wie über den Künstler oder das Kunstwerk oder die Kunst, über die sie berichtet. Das erklärt, warum die Kritik oft so unverstanden bleibt wie die Kunst.

Der Text erschien unter dem Titel L’art d’aimer in: Jean Douchet: L’art d’aimer. Paris 1987. Erstmals veröffentlicht wurde er in den Cahiers du Cinéma (Paris), Nr. 126, Dezember 1961. Übersetzung Birgit Flos, deutsche Fassung erstmals in Meteor (Wien), Nr. 4/1996. Herzlichen Dank an Jean Douchet und Birgit Flos für die Genehmigung zur Wiederveröffentlichung.