Filmvermittlung und Filmkritik

Claudia Lenssen über audiovisuelle Filmkritik

Vier Fragen an Claudia Lenssen

Welches war Ihre erste filmkritische Arbeit in audiovisuellen Medien? Wie kam sie zustande?

Blau-Weiß-Rot, ein Film über Agnès Varda, die Entstehungsgeschichte ihrer Filme, ihre Rolle in der französischen Nouvelle Vague, ihr feministisches Weltbild. Es war eine Kooperation mit dem Kritiker Norbert Jochum, der zuvor schon für den WDR gearbeitet hatte. Meine Stärke, mein Interesse galt dem weiblichen Standpunkt der Varda, der sie innerhalb der Nouvelle Vague zu einer Ausnahmeerscheinung machte. In der Arbeit ging es auch um eine möglichst weit reichende Dekonstruktion von üblichen Fernseh-Portraits – eine Suche nach Freiräumen.

Was sind die entscheidenden Unterschiede zwischen dem Arbeiten für Print und dem Arbeiten in audiovisuellen Medien?

Das Ausgangsmaterial ist visuell konkret, ein komponiertes Bild, eine Szene oder Sequenz, die als Pars pro Toto Aussagen über den ganzen Film ermöglicht und dabei eigene Valeurs beansprucht, als rhetorische Figur Dynamik erzeugt. Man arbeitet mit Bildern, nicht über Bilder, begibt sich einen Zwischenbereich von abstrakter Analyse und konkretem Kurzfilm.

Gibt/gab es Vorbilder für Ihre Arbeit mit Bild, Ton und Text?

Nein, kann ja noch kommen.

Welche Kriterien haben Sie für die Wahl der Ausschnitte? Wie greifen Sie in das Material ein?

Das hängt vom Thema und Drehbuch ab. Am Schönsten sind »frei stehende«, also keiner Beweispflicht für Thesen unterliegende Ausschnitte. Oder »vorbereitende«, in ein neues Teilelement der Argumentation, eine nächste Werkperiode o.ä. einführende, mithin überraschnde Elemente. Daneben war die Auswahl der Freezes, die im WDR-Filmtip zum festen Handwerksbestand gehörten, immer eine Herausforderung. Die Suche danach konfrontierte einen immer mit der Reibung zwischen Bild und Interpretation und oft löste sich eine szenische Bewegung im Einzelbild in Unschärfe und Belanglosigkeit auf.