Filmvermittlung und Filmpädagogik

Filmvermittelnde Werkzeuge: Schneidetisch, VHS, DVD

Ein Gespräch mit Alain Bergala

Am 12. Juni 2008 trafen sich Volker Pantenburg, Stefan Pethke und Erik Stein in Paris mit Alain Bergala. Dies ist der zweite Teil eines längeren Gesprächs; den ersten Teil veröffentlichten wir unter dem Titel »Begeisterte Waisensöhne«.

Im Verlauf unserer Nachforschungen ist uns klar geworden, dass die Tradition des Filmvermittelnden Films älter ist als wir dachten. Wir kannten lediglich die von Jean Douchet geleitete Reihe »Image par Image« und darüber hinaus einige verstreute Arbeiten. Zum Beispiel fanden wir viele analytische Filme, die das CNDP produziert hat. Davon abgesehen interessieren wir uns auch für eine Geschichte der Institutionen. In Deutschland hat die pädagogische Tradition wenige Berührungspunkte mit dem Kino.

Ja, es gibt nationale Unterschiede. Die Engländer zum Beispiel sind sehr szientistisch, sehr positivistisch. Es stimmt: In Frankreich ist diese Tradition sehr alt. Mich selbst interessiert die Frage der historischen Entwicklung besonders, denn vor zwei Jahren habe ich an der Universität Paris III einen Master-Studiengang namens »Didaktik des Bildes« (éducation à l’image) eingerichtet. Zur Vorbereitung haben wir anderhalb Monate lang analysiert, was es an Instrumenten der filmischen Filmanalyse seit ihren Anfängen gegeben hat. Schließlich gehört so eine Typologisierung zu meinem Thema: die verschiedenen Ansätze, über einen Film zu arbeiten, ihn zu analysieren, die Hilfestellungen, die man geben kann usw. Heutzutage ist natürlich die Tatsache wesentlich, dass man solche Analysen auf handelsüblichen DVDs findet, die aber nicht für eine pädagogische Anwendung hergestellt worden sind. Das Analyse-Modell ist sozusagen von der Pädagogik in den Handel ausgewandert und da gibt es durchaus überzeugende Arbeiten.

Was wären denn die großen Eckpunkte einer solchen Geschichte der filmischen Filmanalyse? Eine Möglichkeit der Historisierung läge in der Technik-geschichte: der Schneidetisch als analytisches Werkzeug, die VHS, die DVD...

Ja, in Frankreich gab es, grob gesprochen, zunächst die VHS – ein unausweichlich lineares Medium. Dann gab es die Initiative mit dem Titel Le Cinéma, une histoire de plans. Zu diesem Zeitpunkt, 1998, existierte das DVD-Format noch nicht, also versuchte ich, mit der Linearität dialektisch umzugehen. Natürlich stellte Video einen Kompromiss dar, aber keinen schlechter, wenn man von der Vorstellung eines nicht-frontalen, nicht-vertikalen Vermittlungsansatzes ausgeht. Für mich war das ein echtes Werkzeug des Übergangs. Schon damals versuchte ich, mir die Frage zu stellen, wie man die diversen Dogmatismen vermeiden kann. Das war zu einer Zeit, als es noch nicht möglich war, Filme zueinander in Beziehung zu setzen. Mit der digitalen Technik bekam ich dann die Instrumente an die Hand, mit denen ich meine Arbeit fortsetzen konnte: So konnte ich das In-Beziehung-Setzen von Filmausschnitten (»fragments mise en rapport«) verwirklichen, statt in Form von »Abhandlungen« über Filme zu arbeiten. Obwohl ich jetzt keineswegs auf die Analyse verzichte; gerade habe ich eine DVD zur Arbeit des Schauspielers herausgebracht. Auf dieser DVD gibt es eindeutig analytische Teilstücke – Analysen von Schauspielarbeit. Das funktioniert sehr linear, allerdings innerhalb eines Gesamtzusammenhangs, der nicht mehr linear bleibt. Mir scheint, darin besteht das Revolutionäre: mit der DVD treten wir Zeitalter des Linearen in das des eher Tabellenartigen.

Auf kommerziellen DVDs findet man solche Arbeiten eher selten. Die Amerikaner machen da einiges, zum Beispiel kann man in den DVDs von David Lynch auf interessante Weise navigieren. Demgegenüber dominiert bei den DVD-Boni das Lineare, selbst wenn die Sachen sehr gut gemacht sind wie bei Leuten wie Luc Lagier. Die DVD-Anbieter nutzen die Möglichkeiten, die die neue Technik erlaubt, nicht. Das hat auch ökonomische Gründe: Die meisten DVD-Verleger wollen kein Geld in die Bonus-Produktion stecken; da ist es das Einfachste, eine kurze Montage mit Bildern aus dem Film mit jemandem zu verbinden, der dazu spricht. Zwangsläufig folgt das einer alten Formel, selbst wenn sich einige dieser Beiträge noch ganz gut halten konnten. Auch ich mache so etwas hin und wieder, aber insgesamt ist es erstaunlich, wie wenig das technische Potenzial der DVD genutzt wird. Für die Pädagogik ist das äußerst wertvoll, jedenfalls ziemlich revolutionär: Es ändert die Beziehung zur Didaktik.

Dieses Nicht-Nutzen der technischen Möglichkeiten wirft z.B. in Deutschland Enno Patalas den ganzen DVD-Reihen vor, die momentan von Zeitschriften herausgegeben werden, etwa von der »Süddeutschen Zeitung«. Zweifelsohne verhält es sich in Frankreich ähnlich, da bringt »Le Monde« auch eine DVD-Reihe heraus. Diese Leute benutzen die DVD lediglich als Trägermaterial, so wie man es zuvor mit der VHS gemacht hatte.

Zu allem Überfluss verwendet »Le Monde« meistens sehr schlechte Kopien. Die machen sich nicht einmal die Mühe, wenigstens eine einwandfreie Kopie aufzutreiben. Die setzen abgenudelte Kopien ein, weil das Ganze möglichst nichts kosten soll. Das ist schon auf dem untersten Niveau.

Für Sie scheinen die beiden grundlegenden Ansätze der Filmanalyse – einerseits das unmittelbare Sprechen über den Gegenstand, andererseits das In-Beziehung-Setzen von Ausschnitten – zwei Wege zu sein, die einander ergänzen, die sich nicht ausschließen, und wie Sie gerade sagten: Sie haben die Analyse mitnichten aufgegeben.

Keineswegs. Sie werden sehen: Auf der DVD zur Schauspielarbeit gibt es viele vollkommen lineare Segmente. Ich spreche über einzelne Einstellungen, aber ohne sie wirklich umzuschneiden. Das Problem bei der Bonus-Herstellung ist natürlich, dass das oft sehr schnell gemacht wird. Wir dagegen verbringen drei Monate damit, einen Bonus zu produzieren, wir haben die Mittel dafür und wir haben das Werkzeug. Das kostet natürlich. Das CNDP [1] kann sich das noch leisten, die privaten Verleger nicht. Ich arbeite auch für die, manchmal werde ich um einen kurzen Bonus gebeten und dann sehe ich ja: Das wird an einem halben Tag gemacht. Diese Bedingungen sind furchtbar. Und weil sie an das feinere Werkzeug nicht herankommen, stürzen sie sich auf die einfachste Lösung.

[1]Das CNDP ist eine staatliche Institution unter der Leitung des Erziehungsministeriums, die Lehrmaterialien produziert und vertreibt.

Sie sprechen von einem halben Tag im Schneideraum? Das heißt, Sie kommen dort an, mit einem fertigen Text, Sie haben alles fertig konzipiert, es geht nur noch um die Ausführung Ihrer Ideen?

Ich mache das nur, wenn es einigermaßen seriös ist. Gerade habe ich einen Drei-Minuten-Beitrag über Le mépris (Regie: Jean-Luc Godard | F 1963) gemacht. In diesem Fall war auch der Auftraggeber sympathisch, aber der richtige analytische Zugang ist das unterm Strich nicht. Gestern abend habe ich beispielsweise einen Beitrag gesehen, in dem Bernard Eisenschitz einen Film von Leo McCarey analysierte. Das war immerhin gut gefilmt, das heißt, die Aufnahmen waren gut ausgeleuchtet usw. Selbst das ist ja meistens vollkommen daneben. Oft schicken sie irgendwelche Praktikanten, weil die zufällig eine Kamera besitzen. Also es gibt keine sichtbaren Bemühungen um das Bild derjenigen, die da sprechen. Bei Eisenschitz haben sie darauf geachtet.

Ja, manchmal funktioniert es mit ganz, ganz einfachen Mitteln. Kürzlich sahen wir ein kleines, höchstens drei bis vier Minuten langes Stück von Serge Kaganski, der über »Casa de Lava« von Pedro Costa spricht. Er nimmt den Filmanfang, den er unangetastet lässt, in dessen Montage er nicht eingreift; darüber legt er einen sehr leichten Kommentar, der einem keine Interpretation aufzwingt. Eigentlich beschreibt er eher, aber das funktioniert ausgezeichnet.

So etwas habe ich einmal in Realzeit gemacht, 20 Minuten zu Jean Rouch...

... zu dessen Film »Chronique d'un été« (Paris 1960), nicht wahr?

Ja, das war ganz amüsant. Es war meine Idee gewesen, ich sagte denen: »So machen wir das. Ich bereite mich sehr gut vor, dann schauen wir den Ausschnitt und ich lege los. Eine Einstellung!« Das wird natürlich sehr lebendig. Denn diese »Lehrer«-Haltung, die kann höllisch sein... Manche Boni sind wirklich grotesk... Da gibt es Universitätsprofessoren, Professoren der Filmwissenschaft, die nicht erkennen, dass, wenn man so spricht, wie sie sprechen, kein Mensch genug Zeit hat, um das nachzuvollziehen. Dass man diese absurden Berge von Wissen reduzieren muss.

Außerdem passt der Ansatz, den Sie in Ihrer Arbeit über »Chronique d'un été« verfolgt haben, hervorragend zur »One take«-Philosophie eines Jean Rouch. Das erinnert auch an Verfahren des Musizierens.

Ja, man muss einen Rhythmus finden – eine eigene Methode!

Eben sagten Sie, die Didaktisierung des Kinos hätte in Frankreich schon sehr früh begonnen. Können Sie uns eine kurze geschichtliche Einführung geben?

Also, dazu könnten Ihnen zwei Publikationen weiterhelfen: Zum einen ist soeben ein Buch (mit Begleit-DVD) erschienen über einen außergewöhnlichen Menschen namens Jean Benoît-Lévy. Der war in den Dreißiger Jahren Filmemacher und hat damals viele didaktische Filme gedreht. Nicht über das Kino, sondern über Glasbläser und solche Sachen, sehr gut gemacht. Dieser Mann hat sich bereits didaktischen Fragen genähert, hat sie sich selbst gestellt. Damals nannte man das den »erzieherischen Film« (»Le cinéma éducateur«). Da gab es schon sehr ausgearbeitete Sachen, unter anderem zur Verwendung von Schrift, von Wörtern und Sätzen usw. – dabei befinden wir uns zu der Zeit schon in der Tonfilmära. Das Buch ist gut gemacht und auf der Begleit-DVD kann man die Filme ansehen, von denen im Buch die Rede ist. Es wimmelt nur so von Einfällen und selbst wenn es nicht um das Kino geht, so lassen sie sich doch auf die filmische Filmanalyse anwenden. Zum anderen gibt es gewissermaßen die große Geschichte des CNDP, aus der Phase der 50er und 60er Jahre, als viele Filmemacher bzw. zukünftige Filmemacher Filmsendungen mit didaktischer Ausrichtung machten – etwa Eric Rohmer oder Jean Eustache. Da gibt es einen Schatz, der völlig vernachlässigt wird. Ich weiß nicht, weshalb das CNDP nichts damit macht, denn aus diesem Material DVDs herzustellen, das wäre ziemlich toll. Die vom CNDP haben diese Sache verschlafen. Vor dieser aktuellen Veröffentlichung gab es bereits die Doktorarbeit von Francis Desbarats. Desbarats erzählt die Geschichte des CNDP seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Das kommt aus einer religiös motivierten Kino-Praxis, die damit begann, Filme zu zeigen. Danach gab es natürlich diese große Zeit nach dem Krieg, mit »Travail et culture« (Arbeit und Kultur) und »Peuple et culture« (Volk und Kultur). Das ist zweifelsohne die große Zeit, das ist Bazin, das ist die Nachkriegsära, als Katholiken und Kommunisten noch das gleiche Ziel verfolgten: die Erziehung der Bevölkerung. In diesem Fall ging es um eine Erziehung der Bevölkerung im Kino. Damals gab es Leute, die sofort begriffen haben, dass man sich dem Film zuwenden muss. Deshalb ist Frankreich in diesen Fragen immer noch einen Schritt voraus. All das hat in den 50er Jahren zur Gründung des CNDP geführt. Die Dissertation von Francis Desbarats ist sehr gut.

Hieß die Institution damals schon CNDP? Oder trug die Einrichtung zu der Zeit noch einen anderen Namen? Eine Sendung von Rohmer ist beispielsweise vom »Institut nationale de la Pédagogie« co-produziert worden.

Ja, es gab das INRP, das »Institut National de la Recherche Pédagogique«, in der rue d'Ulm. Aber das war schon die gleiche Struktur, dieselben Leute; man hat dem nur unterschiedliche Namen gegeben. Und als dann, mit dem Film-Abitur, der Film richtig Eingang in den Schulunterricht gefunden hatte, kam es praktisch zu staatlichen Aufträgen, denn für jeden Abitur-Film wurden Ausschreibungen gemacht, zu denen sich die Leute mit Projekten bewerben konnten. Jean Narboni hat mit seiner Analyse zu Le mépris einmal einen Skandal verursacht. Da sind die Lehrer rasend vor Wut geworden, weil Jean eine extrem einfache Versuchsanordnung gewählt hatte: Auf einer großen Leinwand lief der Film, unterhalb der Leinwand saßen Narboni und André S. Labarthe und rauchten die ganzen 45 Minuten, so dass der Zigarettenrauch sich über die Filmbilder legte. Die beiden haben sehr intelligente Dinge über Le mépris geäußert, aber die Lehrer sind durchgedreht.

Das Publikum für diese vom CNDP produzierten Analysen ist doch aber ziemlich eingeschränkt. Sie sind ausschließlich an Menschen aus dem Bildungssektor adressiert, oder?

Absolut richtig. Und diese Filme – ich habe einen über Europa 51 (Regie: Roberto Rossellini | I 1952) gemacht – sind mittlerweile unauffindbar.

Ihre Analyse zu »Europa 51« trägt den Titel »Les chemins d'Irène« (»Irenes Wege«)?

Genau. Auch ich habe zu meiner Arbeit einiges zu hören bekommen, denn die Lehrer, wie alle anderen auch, wollen leicht zu handhabende, schön standardisierte und anwendungsfreundliche Werkzeuge. Und ich gab ihnen ein sehr merkwürdiges Ding. Inhaltlich steckte genauso viel drin wie in den anderen Arbeiten, aber die Art und Weise, wie ich die Fragestellung angegangen bin, hat die Lehrer doch ein wenig beunruhigt. Statt einen Text in einem Studio aufzunehmen, habe ich an einem Wochenende an die dreißig junge Leute in einem von Le Corbusier erbauten Dominikanerkloster bei Lyon versammelt – zu der Zeit lehrte ich in Lyon. Bei der Gruppe handelte es sich nicht um eine wirkliche Schulklasse, sondern sie wurde gecastet. Ich sprach also zu Menschen, die nichts über Rosselini wussten. Das heißt, ich war verpflichtet, wirklich zu ihnen zu sprechen. Außerdem habe ich viele Aufnahmen von diesen Leuten gemacht, auch von denen, die zuhörten, dadurch waren meine Ausführungen keine einfachen Ausführungen mehr. Auch abends habe ich sie gefilmt, beim Lesen oder als sie dabei waren, andere Ausschnitte anzuschauen usw. Selbst so ein Ansatz, der ja nun wirklich von großer Schlichtheit ist, hat die Lehrer aufgebracht. Und das war noch zu den goldenen Zeiten, als das CNDP noch einen Film pro Jahr herstellten. Das hat inzwischen aufgehört.

Gibt es denn hier in Paris eine Art Mediathek, wo man diese Sachen wenigstens sichten könnte?

Leider nein. Da muss man Christine Juppé-Leblond fragen. Haben Sie schon mit ihr gesprochen?

Nein, aber Eugène Andréanszky hat uns bereits auf sie aufmerksam gemacht. Vorher kannten wir ihren Namen nicht.

Die müssten Sie eigentlich noch treffen, denn sie ist auf ihrem Gebiet einzigartig. Niemals zuvor hat es im französischen Bildungsministerium einen »Generalinspektor für Film« gegeben. Sie ist die erste und vielleicht auch die letzte. Aber auf jeden Fall ist sie es...

... , die den Schlüssel zum Safe hat?

Vielleicht, ich weiß es nicht. Wenn es jemand weiß, dann sie.

Manchmal tauchen ältere Arbeiten einfach wieder auf, so wie die Serie »Image par Image« von Jean Douchet.

Image par Image war ein Ereignis! Douchet hat damit eine wichtige Rolle für diese ganze Geschichte der Vermittlung gespielt. Er hatte diese erste Analyse über M - eine Stadt sucht einen Mörder (Regie: Fritz Lang | D 1931) gemacht, und diese Arbeit hat dann für lange Zeit Modellcharakter gehabt. Damit hat er wirklich etwas erfunden. Ein zwar etwas paranoides, aber sehr gut funktionierendes Modell.

Paranoia passt doch sehr gut zu Fritz Lang.

Das schon, aber diese Idee Douchets, wonach der ganze Film bereits in der Eröffnungssequenz angelegt, am liebsten schon im Vorspann, das ist eine Idee, die manchmal ganz gut funktioniert, die aber auch ein bisschen paranoid ist.

Seine »M«-Analyse scheint uns Thierry Kuntzels Analyse aus »Le travail du film« sehr nahe zu sein...

Da bin ich nicht sicher, weil Douchet solche Sachen nicht wirklich las. Das war diese strukturalistische, semiologische Ära und Douchet hat das immer sehr verachtet.

Keine Analytik; alles vermittelt sich über das Empfinden.

Ja, und im übrigen hat er nicht ganz Unrecht! Man analysiert mit den bloßen Händen, das heißt: man braucht nichts. Für Douchet reicht es aus, sehr kultiviert zu sein, sehr empfindsam usw. Das ist ein Humanist, aber mit Sicherheit weder Semiologe noch Strukturalist. Also diese Arbeit an Image par image war schon ein recht wichtiger Faktor. Danach passierte dann doch diese DVD-Revolution, um in einer kleinen Geschichtsschreibung fortzufahren. In dem Zusammenhang gilt es, eine weitere ziemlich wichtige Figur zu erwähnen: Gilles Delavaud. Der hat sehr schöne Kassetten mit Analysen gemacht.

Ebenfalls für das CNDP?

Das weiß ich nicht mehr so genau. Aber Delavaud ist auch jemand, der viel gearbeitet hat. Er hat nichts erfunden, aber sehr gute Qualität abgeliefert, unter anderem Sachen über Chaplin. Er hat oft Split-Screens und dergleichen eingesetzt. Das berührt eine sehr wichtige Frage für mich: Wie weit darf man eingreifen in einen Film?

Eine ethische Frage.

Ja. Ich mag zum Beispiel die Sendereihe Palettes, aber dass sie dort in die Gemälde hineinzeichnen, dass sie andere Ausschnitte machen und all diese Dinge, gefällt mir nicht. Mit Film kann man heute auch alles machen, aber ich habe mir eine Grenze gesetzt: Verlangsamungen und das Anhalten einzelner Bilder, mehr nicht. Niemals greife ich in das Bild ein. Es gibt zahlreiche Instrumente, mit denen man alles auseinandernehmen kann, aber die mag ich nicht. Ich finde das gefährlich, denn das schadet dem Film. Eine Verlangsamung schadet dem Film nicht.

Das funtkioniert eher wie eine Lupe. Das ist im Deutschen auch der Ausdruck für die Verlangsamung der Bilder: Zeitlupe.

Das ist aber hübsch!

Unterrichtet Gilles Delavaud an einer Universität?

Ja, er unterrichtet auf jeden Fall, ich weiß nur nicht, an welcher Uni er das momentan tut. Als wir vor zwei Jahren unseren Didaktik-Masterstudiengang eröffneten, mussten wir Kurse für den ersten Jahrgang organisieren, ich habe ihn angefragt und er hat das dann gemacht. Eine Zeit lang war Gilles Delavaud Angestellter des Institut Catholique de Paris, um eine Zeitschrift zu gründen. Das wurde ein Hochglanzmagazin, das aber nur für die Dauer eines Jahres hat existieren können. Danach haben sie ihn entlassen. Das Magazin hieß »Education 2000«. Er hat einige außergewöhnliche Ausgaben gemacht, über Photographie usw. Er war ein sehr guter Chefredakteur, der sehr viele pädagogische Einfälle hatte, aber letztlich hat es den Katholiken wohl doch etwas Angst gemacht. Als pädagogisches Printerzeugnis gehört das Magazin zum Besten, was jemals in Frankreich erschienen ist. Delavaud sollten Sie auch kontaktieren, der ist Teil einer Gruppe von Leuten, die in dieser Fragestellung einen wirklichen Einfluss ausgeübt haben.

Gestern erfuhren wir, dass das CNC einen Katalog [FN2] herausgebracht hat mit sämtlichen Dokumentarfilmen, die das Kino behandeln – ein modellhaftes Werk für uns.

[2]»Images de la Culture«; Ein Katalog des CNC. Internetpräsenz hier.

Das Problem dabei ist: Da haben sie alles reingepackt, vom Besten bis zum Schlimmsten. Denn es geht um sämtliche Arbeiten, die das CNC finanziert hat, also gibt es dort auch Sachen, die wirklich nicht gut sind. Die haben keine Auswahl getroffen. Das ist ihre komplette Sammlung. Der Katalog als Buchobjekt ist schön. Für eine institutionelle Publikation ist das ein extrem seltener Fall.

In Deutschland wäre es undenkbar, dass die FFA, die Einrichtung, die in etwa dem CNC entspricht, etwas Vergleichbares macht...

Auch für hiesige Verhältnisse ist das ein Ausnahmefall.

Verfügen Sie eigentlich über eine Liste Ihrer gesamten Arbeiten?

Nein, ich müsste das mal machen...

Eugène Andréanszky erzählte uns, dass »Le cinéma, une histoire de plans« in einer neuen Ausgabe und mit neuen Einzelanalysen auf DVD herauskommen soll.

Diese Reihe hat eine komplizierte Geschichte. Das war zunächst überhaupt kein pädagogisches Projekt, sondern eines, das von einer privaten Produktion initiiert wurde, von AGAT Films. Wir waren mit AGAT Films übereingekommen, dass wir das für den hundertsten Geburtstag des Kinos machen. Wir sagten uns: Wir machen eine Reihe, die verkaufen wir an Canal+ und die senden dann 32 Wochen lang einmal pro Woche eine Sendung. Also fingen wir an, ich wollte allerdings nicht vorher mit Canal+ sprechen, sonst hätten sie mir reingeredet und solche Sachen gesagt wie: »Das muss genau 7 Minuten und 30 Sekunden lang werden«. Ich wollte vollkommen frei sein. Also hat mir Gilles Sandoz gesagt: »Einverstanden, das wird nicht teuer, das machen wir.« Also haben wir das gemacht, insgesamt 12 Sendungen, doch danach ist AGAT zerfallen, das heißt, Gilles Sandoz hat sich komplett mit denen überworfen, worauf er seine eigene Produktionsfirma ins Leben gerufen hat. Er hat dann Filme wie z.B. Lady Chatterley (Regie: Pascale Ferran | F 2006) und Être et avoir (Regie: Nicolas Philibert | F 2002) produziert. Viele Filmemacher sind mit ihm von AGAT Films, einem Produzenten-Pool, weggegangen. Deshalb steckte ich auf einmal in der Klemme, schließlich war es Sandoz gewesen, der mir sein Vertrauen geschenkt hatte und mich bezahlt hatte. Aber AGAT war Rechteinhaber. Weil ich aber keine große Lust hatte, ohne Gilles weiterzumachen, habe ich aufgehört. So war das.

Danach haben wir nicht einmal mehr bei Canal+ die geplante Anfrage gemacht, der Zusammenbruch von AGAT hatte das alles zunichte gemacht. Trotzdem musste die Sache fertig gestellt werden, und als ich das eines Tages bei einem Treffen von »Ecole et cinéma« vorgeführt habe, sagten die plötzlich: »An dieser Produktion möchten wir mitwirken.« Die sind also in die Produktion eingestiegen, aber zu einem sehr späten Zeitpunkt. Fazit: Das war in keiner Weise als pädagogisches Projekt konzipiert, vielmehr als Projekt für das Fernsehen. Es gab sicherlich didaktische Elemente, aber für mich ging es um das breite Publikum, wenn ich das so sagen darf. Genau aus diesem Grund habe ich so darauf bestanden, sehr bekannte Schauspieler einzusetzen, deren Stimmen jeder Franzose sofort erkennen würde. Eine komische Geschichte. Das Problem bei einer DVD-Edition besteht darin, dass man die Rechte zurückkaufen müsste. Das ist überhaupt das Problem Nummer Eins aller pädagogischen Instrumente. Nur in Italien können sie das, die geben einfach irgendwas heraus und fragen niemanden...

Wir sprachen bereits über die Rolle, die die technologische Entwicklung gespielt hat. Darüber hinaus gibt es aber noch die politischen Sachzwänge, wie sie sich unter anderem in der Rechtsprechung niederschlagen. Die Frage nach den Rechten wird immer drängender ... Das wird uns bald auf die eine oder andere Weise um die Ohren fliegen.

So wie jetzt geht es nicht weiter. Wir brauchen neue Modelle.

Ist da etwas in Sicht, in Frankreich? Gibt es hier Leute, die zu diesem Thema arbeiten?

Es gäbe eine Lösung, die wäre allerdings sehr un-französisch: die Verabschiedung eines Gesetzes, wonach man im Unterricht alles benutzen darf, was man will. Das würde aber einer französischen Politik vollkommen zuwider laufen, die schon immer die Autorenrechte geschützt hat. Ich bin im Grunde selbst nicht wirklich dafür. Ich denke, die Autoren zu schützen ist doch ein sehr wichtiges Gut, damit die Dinge überhaupt weiterhin gemacht werden können. Das ist sehr kompliziert. Jack Lang wollte dieses Problem unbedingt lösen. Als ich mit ihm zusammenarbeitete, sagte er mir: Bevor ich aufhöre, lösen wir diese Fragestellung. Und er fand auch eine Lösung: Das Bildungsministerium würde den Gesellschaften für Rechteverwertung eine große Summe Geld überlassen. Das hätte bedeutet, dass die Autoren nicht als Verlierer dagestanden hätten, schließlich wären sie ja pauschal bezahlt worden.

Ein System wie bei der SCAM – oder in Deutschland die GEMA?

Richtig. Das Problem war, dass der Autorenverband nein gesagt hat, weil der sich nicht in der Lage gesehen hat, das Geld weiterzuleiten. Die politische Lösung lag bereit, Geld stand zur Verfügung, aber die verwaltungstechnische Lösung hat nicht funktioniert.

Die Frage, wie man die Verteilung der Gelder organisiert?

Ja, und dabei sagten sie vollkommen zu Recht: »Wir werden die Lehrer nicht nach jedem Ausschnitt fragen, den sie jemals im Unterricht verwendet haben. Haben Sie eine Vorstellung davon, wieviele Leute man braucht, um solche Datenmengen zu erheben?« Oder: »Das Geld, das man uns geben wird, muss an alle weitergegeben werden, also auch an Produzenten von Pornos. Teilen heißt schließlich teilen!« Da sie nicht in der Lage waren, dieses Geld weiterzuleiten, hat sich die Situation festgefahren.

Im Falle der DVD-Boni handeln Sie offensichtlich Tauschgeschäfte aus, wie man an der Reihe »Eden Cinéma« sehen kann. Sie können das Material verwenden, dafür erscheinen Ihre Analysen auch auf den Kauf-DVDs, wie im Fall von »Moonfleet«.

So ist es. Das ist ein Tauschgeschäft. Sie hatten mir die Rechte am Material gratis überlassen, im Gegenzug gaben wir denen unsere Analyse, die man jetzt gelegentlich auf Kauf-DVDs findet. Das ist eine gute Lösung. Im Moment mache ich dasselbe für L'esprit de la ruche (Der Geist des Bienenstocks) (Regie: Victor Erice | Spanien 1973): Ich mache einen Bonus, den stelle ich denen zur Verfügung, sie geben mir dafür die Rechte. Jedenfalls verkaufen sie sie mir für einen sehr geringen Preis. Aber das andere größere Problem in Europa ist, dass es in Ländern wie Ihrem oder in Italien eine zentrale Organisation, die eine Entsprechung zu unserem Bildungsministerium und seinem CNDP wäre, überhaupt nicht gibt. Seit einem Jahr verfolgen wir erfolglos ein deutsch-französisches DVD-Projekt.

Mit welchen Einrichtungen versuchen Sie denn, in Kontakt zu kommen?

Das war ursprünglich vom Deutsch-Französischen Kulturrat ausgegangen. Die hatten mich angefragt, den ganzen Komplex zu erläutern. Ich habe ihnen von den DVDs erzählt und daraufhin wollten sie mit uns zusammen eine DVD produzieren. Das Prinzip des Kulturrats besteht darin, dass das Geld aus den jeweiligen Ländern mitgebracht werden muss. Bis heute haben die Deutschen dieses Geld nicht zusammenbekommen. Aber das verläuft auch deshalb sehr schleppend, weil es keine zentrale Einrichtung gibt. In Italien ist es noch schlimmer. In Berlin beispielsweise habe ich Treffen beigewohnt, wo Leute aus ganz Deutschland angereist waren. In Italien klappt so etwas niemals, da läuft es Region für Region. Der Wille wäre da, aber die Leute schaffen es nicht. Das liegt an den staatlichen Strukturen in den jeweiligen Ländern.

Ja, der deutsche Föderalismus hat schon zu so Manchem als Vorwand herhalten müssen.

Man weiß einfach nicht, an welche Tür man klopfen soll. Es gibt diese eine Tür einfach nicht. Wenn Sie in Frankreich ein Projekt verfolgen, dann klopfen Sie an der Tür des CNDP. In Deutschland gibt es keinen entsprechenden Partner. Das hat nicht nur mit der Geschichte zu tun. Das ist eine Frage der Strukturen. Momentan hat alle Welt Lust, solche filmischen Filmanalysen zu machen, aber überall stößt man auf den Widerstand des Staates und des Geldes.

Was Sie eben als Jack Langs Vorhaben beschrieben haben, könnte so durchaus in Deutschland existieren, denn für die Musik gibt es so etwas, eine zentral organisierte Einrichtung, eine regelrechte Bürokratie, die sich GEMA nennt. Der GEMA schicken alle Radio- und Fernsehsender systematisch ihre Titellisten zu.

Auch in Frankreich funktioniert das für die Musik.

Warum also scheitert das System für den Film?

Weil der Musikbereich riesig ist. Dort sind viele Menschen damit beschäftigt, mehrere Verwaltungsapparate. Für den Film gibt es niemanden. Es ist die Aufgabe der Autorenverbände, das nötige Personal für die Verwaltung dieser Mittel zu mobilisieren. Es ist auch nicht ganz dasselbe: Wenn in Frankreich einer einen Dorfball organisiert, dann schickt der seine Musiklisten der SCAM. Von Lehrern kann man das nicht verlangen. Die würden das nie machen. Die zeigen, was sie wollen, ohne irgendetwas davon anzuzeigen. Dafür ist noch keiner ins Gefängnis gekommen. Weil das bisher ohne jegliche Strafverfolgung blieb, wenn die Lehrer alle ihre DVDs in den Unterricht einbringen, sagen die sich: »Warum kompliziert machen, was so einfach ist?«

In gewisser Weise lässt es sich gut leben in so einer Grauzone. Die unautorisierte Nutzung von Ausschnitten mag mit einer Unsicherheit verbunden sein, aber es bewegt sich unterhalb des Radars. Wenn man dagegen einen Film mit Ausschnitten herstellen möchte, ist das ganz unmöglich. Ein Teil unseres Projekts besteht darin, zu zeigen, dass einige installative Werke in den Räumen zeitgenössischer Kunst Bilder der Filmgeschichte verwenden – beispielsweise von Hitchcock – und damit zur Analyse filmischer Gesten beitragen. In diesem Fall scheinen die Nutzungsmöglichkeiten weniger eingeschränkt zu sein.

Ja, da geht es um den musealen Raum. Obwohl es auch dort nicht immer einfacher ist.

Aber juristisch gilt das als eigenes Werk.

Ja, aber als wir die Ausstellung Kiarostami-Erice im Centre Pompidou gemacht haben, haben wir Marin Karmitz auch die Nutzungsrechte für die Ausstellung abgekauft. Eine völlig freie Verfügung kann man also auch im musealen Raum durchaus nicht immer voraussetzen. Bei einer Ausstellung an einem Ort lassen einen die meisten Rechteinhaber gewähren. Im Gesetz steht das aber nicht. Auch nicht für die Installation im Museum.

Und wie lief das mit den »Video-Briefen«, die in der Ausstellung zu sehen waren? Sind die beteiligten Museen von Barcelona und Paris deren Produzenten, also Rechteinhaber?

Nein, nur das Museum in Barcelona.

Und bedeutet das, dass diese Briefe niemals auf DVD erscheinen werden?

Doch, doch, aber erst, wenn die Ausstellung vorbei ist. Noch ist sie nicht vorbei. Sie wird noch nach Australien reisen, dort wird es andere, neue Teile geben. Abbas hat in Nizza einen Workshop veranstaltet und dort einen neuen Video-Brief aufgenommen. Jetzt müsste er gerade dabei sein, seinen Film, seinen Brief, fertig zu schneiden. Auch Victor wird einen Workshop in Nizza machen und er wird antworten. Ich glaube, das werden die beiden letzten Video-Briefe sein. Wenn alles fertig ist, dann gehört der Film den beiden und dem CCCB (Centre de Cultura Contemporània de Barcelona). Einer DVD-Veröffentlichung steht also nichts im Weg. Alle Festivals reißen sich schon jetzt darum... Die Vereinbarung lautet aber: Solange die Ausstellung läuft, sind die Sachen auch nur in der Ausstellung zu sehen.

Ist für Sie eine Ausstellungsarbeit wie die zu Kiarostami/Erice ebenfalls pädagogische bzw. didaktische Arbeit?

Ja, natürlich. Meine beiden Beiträge – die Schnittfolgen am Eingang und am Ausgang der Ausstellung – stellen eine alternative Form von Didaktik dar. Es gab im Centre Pompidou Menschen, die hatten niemals einen Film von Victor Erice gesehen. Mir fiel auf, dass die Leute nicht am Anfang schauten, sondern erst beim Rausgehen. Das heißt: Durch bloßes Hinschauen haben sie schon etwas über Gemeinsamkeiten und Unterschiede gelernt. Das ist ein vergleichendes Verfahren, das einfach ist und nüchtern. Alles, was ich hinzugefügt habe, waren Titel... Darüber ist noch wenig gearbeitet worden: die Nutzung von Schrift, von Texten und Wörtern. Ich erlaube meinen Master-Studenten, anstelle einer schriftlichen Arbeit eine filmische Analyse abzugeben. Dieses Jahr hatte ich einen Jungen, der hat etwas sehr Gutes gemacht, der hat etwas gefunden, das ich auch benutzen werde: Er packt den Film in die rechte Bildhälfte und auf der linken lässt er Platz für Schrift. Auf einmal ist es möglich, gleichzeitig zu lesen und den Film zu betrachten. Außerdem gibt es noch diese berühmte Geschichte mit der Software namens »Lignes de Temps« (»Zeitlinien«), ein interaktives Werkzeug. Als Bernard Stiegler Dominique Paini im Centre Pompidou ersetzte, verlangte er die Schaffung eines Forschungsinstituts. Es heißt IRI (Institut de Recherche et d’innovation = Forschungs- u. Innovations-Institut). Dort hat er versucht, ein Werkzeug zu entwickeln, das Filme zu beschreiben und zu analysieren hilft. Stiegler war vorher am IRCAM (Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique) gewesen und hatte dort Ähnliches für die Musik gemacht. Anderhalb Jahre lang haben Ingenieure daran gearbeitet, doch diesmal nicht, wie sonst üblich, auf sich allein gestellt, sondern gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe mit Jean-Louis Comolli, mit mir und mit Youssef Ishaghpour. Wir sagten, was wir brauchten, das ging also von echten Bedürfnissen aus und eben nicht von einem rein abstrakten Konzept. Dieses Werkzeug hätte eigentlich zur Eröffnung der Ausstellung fertig sein sollen, zu der es sehr gut gepasst hätte, weil man hier zwei Werke zu vergleichen hat. Aber zur Ausstellung klappte es nicht, es existierten nur Teile; außerdem erhielten wir nicht das Recht, diese Sachen ins Internet zu stellen, da hat Karmitz nein gesagt. Das hat alles blockiert. Trotzdem: Heute befinden wir uns in einer Phase des Fortschritts. Das Werkzeug funktioniert schon ganz gut. Sein Prinzip besteht darin, gratis zu sein und leicht downzuloaden. Die Probleme des Programms sind einzig rechtlicher Natur.

Bezieht sich der Name der Software auf eine buchstäbliche Übersetzung von »Time Line«, was man von den Schnittprogrammen her kennt?

Nein, gar nicht. »Lignes de temps« kommt aus der Musik. So hieß das Programm ursprünglich, als Stiegler noch am IRCAM (Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique) war.

Und inhaltlich? Wird es immer daran gebunden bleiben, was gerade im Centre Pompidou zu sehen ist?

Nein, es handelt sich um ein Werkzeug, das für jeden Studenten gemacht worden ist.

Nach dem Motto: Man legt eine DVD ein und benutzt dann das Programm.

Genau. Das ist ja das Gute daran. Es gibt einige Funktionen, die das Programm automatisch übernimmt, das Trennen in einzelne Einstellungen usw. Das ist extrem praktisch, um zwei Ausschnitte einander gegenüberzustellen, um darüber zu schreiben... Das ist besser als ein Schnittprogramm.